Bedrohte Biodiversität in der Schweiz?

Was bedeutet Biodiversität?

Im aktuellen Biodiversitätsbericht des Schweizer Bundesamtes für Umwelt (BAFU, 2017), wird die Biodiversität als die Vielfalt der Lebensräume, der Arten und der Gene, sowie deren Interaktionen beschrieben. Die Biodiversität bezeichnet damit die Vielfalt des Lebens. Unter Lebensräumen fallen zum Beispiel inneralpine Felsensteppen oder Flaumeichenwald, wie aber auch Moore und Magerwiesen. In der Schweiz gibt es über 230 verschiedene Lebensraumtypen! Die zweite Ebene der Biodiversität, die Artenvielfalt, besteht in der Schweiz aus mindestens 45'000 Arten. Davon sind etwa 40 Arten endemisch, das heisst sie kommen nur bei uns in der Schweiz vor. Die genetische Vielfalt ist schwieriger zu verstehen, aber denoch zentral für das langfristige Überleben jeder Art. Eine grosse genetische Vielfalt bedeutet eine grosse Variabilität in den Genen einer Art. Wenn eine Art eine grosse Variabilität in ihrer Genetik aufweist, erlaubt dies der Art, sich über längere Zeit dem Klimawandel anzupassen.

Beispiel: Die genetische Vielfalt verkleinert sich mit jeder ausgestorbenen Population, das heisst, wenn ein Wald eine Wiese einnimmt und dadurch die Population von Schmetterlingen auf dieser Wiese stirbt, verringert sich die genetische Vielfalt von dieser Schmetterlingsart, da eine Population von der Art gestorben ist.

 

Wie steht es um die Schweizer Biodiversität?

Ein ziemlich grosser Teil der Schweizer Bevölkerung ist der Meinung, dass die Biodiversität in der Schweiz im internationalen Vergleich gut dasteht. Leider stimmt dies nicht. Laut dem Bundesamt für Umwelt, sind die Hälfte der Lebensräume und ein Drittel der Arten in der Schweiz bedroht. Mit dem Artensterben geht auch die genetische Vielfalt verloren. Das ist schade, denn gerade die Schweiz weist eine grosse biologische Vielfalt auf. Die hohe Biodiversität verdanken wir einer vielfältigen Topographie. Beispielsweise waren Täler über Jahrhunderte von anderen getrennt, was zu einer Spezifizierung der Arten führte und so zu mehr Artenvielfalt. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts wurde das Kulturland extensiv genutzt, was vielen Arten Raum und Zeit liess sich zu entwickeln. Bei der extensiven Landwirtschaft werden weniger Düngemittel und Pflanzenschutzmittel verwendet und Kühe auf grossflächigen Wiesen gehalten. Dort tragen sie zur natürlichen Düngung bei und dezimieren Gräser, welche sonst die Oberhand gewinnen würden. Dies ermöglicht anderen Arten von Gräsern sich zu entwickeln. Dementsprechend, können in extensiv genutzten Wiesen 40 bis 70 seltene und teilweise bedrohte Arten vorkommen!

 

Wodurch ist die Biodiversität in der Schweiz bedroht?

Die Biodiversität wird durch verschiedene Faktoren verringert. Am schnellsten geschieht das in stark besiedelten und bewirtschafteten Ländern wie der Schweiz. Die Schweizer Alpen dienen einheimischen Arten als letzter Rückzugsort, wo sie noch ungestört leben können. Kleine Wildtiere, Vögel und Insekten leiden stark unter der Verstädterung und der heute intensiven Landwirtschaft in der Schweiz. Es wäre jedoch falsch mit dem Finger auf die Bauern zu zeigen. "Die Bauern und ihre Pestizide sind schuld!" hört man oft. Chemisch-synthetische Pestizide, wie sie in der konventionellen Landwirtschaft eingesetzt werden, können schädlich sein für viele Tier- und Pflanzenarten. Eine starke Anwendung von Pestiziden kann beispielsweise zu einer Vergiftung von Nektar und Pollen führen, welche sich negativ auf bestäubende Insekten auswirkt (BAFU, 2017). Aber auch die intensive Gewässernutzung durch Landwirtschaft, Industrie, Freizeitaktivitäten, wie auch durch unsere grüne Stromproduktion beeinträchtigt die Biodiversität in den Schweizer Gewässern. Viele Gewässer haben nicht mehr ihren natürlichen Verlauf, da sie eingedämmt wurden, unter anderem zu unserer Sicherheit vor Hochwasser. Diese Eindämmung von Gewässerläufen beraubt die wasserabhängigen Tiere ihrer natürlichen Umgebung. Insekten sind beispielsweise auf natürliche Strudel und Nebenläufe von Flüssen angewiesen um ihre Eier zu legen.

 

Wusstest du, dass ein Zigarettenstummel etwa 40 Liter Grundwasser verschmutzt? Wasserverschmutzung ist schädlich für Wassertiere und -pflanzen und für die Tiere, die das Wasser trinken. Des Weiteren, tragen wir durch unsere Medikamente, eigenommenen Hormone (wie die Pille für die Frau) und verwendeten Pflegeprodukte dazu bei, dass die Biodiversität in der Schweiz abnimmt. Kleine Teile jeglicher Produkte können in den Gewässern, Böden und Lebewesen landen und zu Verunreinigungen führen. Es ist schwierig und teilweise unmöglich diese wieder in den Kläranlagen zu filtern. Hast du dich zum Beispiel schon mal gefragt ob du beim Wanderwochenende in den Bergen die richtige Zahnpasta brauchst um sie ins Gras zu spucken oder ob die Seife wirklich biologisch abbaubar ist? Eine gute Camping-Zahnpasta ist laut utopia.de zum Beispiel die Weleda Zahncreme.

 

Warum ist denn die Biodiversität wichtig?

All dies trägt dazu bei, dass die Biodiversität in der Schweiz von Jahr zu Jahr abnimmt. Eine gesunde Biodiversität, besteht da, wo Tiere, Pflanzen und Pilze in ihrer natürlichen Umgebung gedeihen können. Es gibt viele gute Gründe warum wir die Biodiversität unbedingt schützen sollten. Die Biodiversität bringt eine hohe Resilienz der Lebewesen mit sich. Wenn es viele verschiedene Arten in einem Lebensraum gibt, können sich die Lebewesen nach einer Umweltkatastrophe, wie zum Beispiel einem Waldfeuer, schneller erholen. Es gibt auch ethische und ökonomische Gründe warum wir die Biodiversität erhalten sollten. Ein ethischer Grund ist, dass wir als Spezies nicht das Recht haben die ganze Erde zu übernehmen und andere Arten rücksichtslos auszurotten. Viele wollen die Schönheit der Natur beschützen, denn wer liebt die Korallenriffe in ihrer vollen Pracht nicht? Und dann sind da noch die sogenannten Ökosystemleistungen. Das BAFU beschreibt die Folgenden: Biodiversität liefert Nahrung, ist wichtig für das Klima, trägt zu einer besseren Luft- und Wasserqualität bei, trägt zur Bodenbildung bei und bietet für uns einen wichtigen Erholungsraum. Die Biodiversität beinhaltet die Bienen und andere Bestäuber und deren Nahrung. Viele Insektenarten leiden unter den Pestiziden, den Verschmutzungen und dem Nahrungsmangel. Die Bestäubungsleistung in der Schweiz durch Insekten wurde von Agroscope auf einen jährlichen Nutzwert zwischen 205 und 479 Millionen Franken berechnet. Die Bienen leisten 2/3 der ganzen Bestäubungsarbeit in der Schweiz, doch leider ist die Hälfte der 600 Bienenarten in der Schweiz bedroht (SRF, 2020). Es gibt also viele Gründe warum wir unsere Biodiversität erhalten sollten und das, was es noch zu retten gibt, auch wirklich ernsthaft schützen sollten.

 

Was kann ich tun?

Es gibt vieles was man in seinem privaten Leben für die Biodiversität tun können. Wir haben einige davon für dich zusammengetragen:

· Biologisch produzierte Lebensmittel kaufen. Die im Biolandbau verwendeten Pestizide sind biologisch produziert und gedüngt wird mit Mist und Gülle. Biobauern fördern die Biodiversität aktiv und greifen auf umweltfreundlichere Alternativen zurück.

· Biologisch abbaubare Haushaltsprodukte kaufen. Reinigungsmittel und Kosmetika enthalten oft schwer abbaubare Inhaltsstoffe die nur schwer aus dem Wasser herausgefiltert werden können. Achte dich auf den Hinweis "biologisch abbaubar" und greife zur Naturkosmetik, denn dort darf auch kein Mikroplastik enthalten sein.

· Zigaretten kommen in den Abfalleimer. Was für viele selbstverständlich ist, kann trotzdem oft vorkommen. Abfall, dazu gehören auch Zigaretten, kommen in den Mülleimer. Somit wird der Abfall richtig entsorgt und gelangt nicht in die Umwelt.

· Insektenhäuser bauen. Ein richtiger Spass für Bastelkinder wie auch Erwachsene. So wird wertvoller Lebensraum für Insekten und vor allem Bienen geschaffen. Wer nicht selber werken will, kann auch welche kaufen (Wildbiene und Partner, BeeHome).

· Seedballs herstellen. Bestehend aus vielen Blumensamen und mit Erde zusammengeklebt, können Seedballs am Wegrand und auf Wiesenstücke geworfen werden. So entsteht tolles Insektenfutter.

· Rasenpflege. Den Rasen erst ab Juni mähen oder einen Teil vom Rasen wachsen lassen, auf welchem einheimische Arten gepflanzt werden können.

Das hier sind nur einige von noch vielen weiteren Möglichkeiten wie du einfach und effizient etwas für unsere wichtige Biodiversität tun kannst. Packen wir es an, solange wir noch etwas zu schützen haben!

Falls dich das Thema der Biodiversität und was wir tun können um sie zu verbessern weiter interessiert ist hier noch eine aktuelle SRF-Doku zur Biodiversität in der Schweiz und tollen Menschen, die sich dafür einsetzen: www.srf.ch/sendungen/dok vom 04.06.2020

(Text: Nora Tanner, Praktikantin CLEVER, Biovision)

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