Immer mehr, immer billiger und immer umweltfreundlich?

Ein Blick aus meinem Wohnzimmerfenster direkt in die Gasse der Altstadt zeigt mir unzählige Menschen, die unterwegs sind. Unterwegs zur Arbeit, unterwegs zum Einkaufsladen, unterwegs zur Schule, unterwegs zum Sport, unterwegs zum Shopping. Viele verfolgen geschäftig ihr Ziel und lassen sich im Strom des Konsums treiben.

Einzelne von ihnen verschwinden für eine Viertelstunde in einem der diversen Kleiderläden und treten dann, die Hände voll mit Papiertaschen, wieder auf die Gasse. Sie setzen ihren Einkaufsmarathon fort, indem sie den direkt nebenanliegenden Laden betreten und das Verkaufspersonal in Beschlag nehmen.

Die Gasse ist von bunten Werbeträgern und Kleiderständern geschmückt, an welchen Verkaufsware zu unsäglich tiefen Preisen angeboten wird.

Da wundert man sich nicht, dass Stephanie Hess in ihrem Buch «ÖKOlogisch!» schreibt, dass sich eine Schweizerin pro Jahr durchschnittlich 20 Kilogramm Kleidung kauft. Leider werden davon nur rund 14 Kilogramm tatsächlich getragen. Die restlichen Kleidungsstücke werden irgendwann auf die eine oder andere Weise entsorgt. Der Trendbegriff «Fast Fashion» befindet sich heute in aller Munde und diese Bewegung wird zurecht immer wieder kritisch beleuchtet.

Der Modekonsum hat sich zwischen 2000 und 2014 ungefähr verdoppelt. Heutzutage kann es sein, dass eine Modekette bis zu 16 Kollektionen pro Jahr herausgibt. Die Branche reagiert sehr flexibel auf neue Trends und setzt unter anderem Influencer als Brandbeschleuniger für den «Fast Fashion» ein (Bluewin Video, Fast Fashion - Wie entkommt man dem Konsumrausch?, 2019).

Diese Billigkleider werden weltweit produziert. So kann es sein, dass Bestandteile einer Jeans aus Kasachstan, der Türkei, Taiwan, Polen, Tunesien, Bulgarien, China, Frankreich und Deutschland kommen. Die Arbeiterinnen und Arbeiter produzieren die Kleider unter miserablen Arbeitsbedingungen, was bedeuten kann, dass sie zum Beispiel einen Bruchteil des Existenzlohns verdienen, giftige Pestizide oder Chemikalien in der Produktion eingesetzt werden, sie ohne Schutzkleidung arbeiten, sie krank werden und bis zu 83 Stunden pro Woche arbeiten müssen. Nicht nur die Menschen, sondern auch die Umwelt leidet unter diesen Produktionsbedingungen. Die verwendeten Chemikalien, welche zum Schutz der Baumwollpflanzen eingesetzt werden und giftige Farbstoffe gelangen in die Gewässer, in den Boden und in die Luft. Dies kann unter anderem dazu führen, dass in den Flüssen in der Nähe einer Färberei kein Lebewesen mehr leben kann (Praxis Umweltbildung, Marken Mode und Moneten).

Des Weiteren wird für die Produktion von Baumwolle Unmengen an Wasser verbraucht. Bis zu 10`000 Liter Wasser benötigt alleine eine einzige Baumwoll-Jeans in der Produktion! Von sozialverträglich und umweltfreundlich sind wir damit weit entfernt.

Public Eye hat 1989 die «Clean Clothes Campaign», ein globales Netzwerk ins Leben gerufen. Dieses setzt sich unter anderem für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Arbeiterinnen und Arbeiter in der weltweiten Bekleidungs- und Sportartikelindustrie ein. Es geht darum hinzuschauen, anstatt wegzuschauen und sich aktiv für fair produzierte Mode zu entscheiden (Public Eye, Clean Clothes Campaign, 2021).

Dabei sollte man kritisch bleiben und nicht alles glauben, was «grün» daher kommt oder mit der Notiz «nachhaltig produziert» versehen ist. «Greenwashing» ist auch in der Modeindustrie eine gängige Methode, um auf den Zug der vermeintlichen Nachhaltigkeit aufzuspringen und die Konsumentinnen und Konsumenten zu täuschen.

Ein Label für nachhaltig und fair produzierte Baumwolle ist beispielsweise das Label „naturaline, BIO & FAIR“. Labelinfo.ch kann einem gute Anhaltspunkte bieten, wenn man sich über dieses oder andere Labels informieren möchte.

Bewusst selbstbestimmt, sorgfältig, fair und nachhaltig einzukaufen kann sehr wohltuend sein. Man kann sich mit verschiedensten Fragen intensiv auseinander setzen: Brauche ich das Kleidungsstück wirklich? Ist es fair produziert worden? Ist es nachhaltig produziert worden? Muss ich das selber kaufen oder kann ich es auch ausleihen? Finde ich vielleicht auch etwas Ähnliches in einem Secondhandladen oder bei einem Kleidertausch? (Stephanie Hess, 2020).

Vielleicht ist es sogar möglich ein altes Kleidungsstück, welches kaputt ist, zu flicken oder zu upcyceln? So könnte man dem T-Shirt aus der hintersten Ecke des Schranks neues Leben einhauchen und wer weiss, vielleicht wird es zu einem neuen Lieblingsstück.

Dies ist mein Stichwort. Ich schliesse mein Wohnzimmerfenster und hole meine kaputte Lieblingsjeans. Das Loch oberhalb des Knies wird kreativ geflickt, so dass ich die Hose noch lange tragen kann.

(Text: Nicole Käslin, Biovision)

 

 

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