Insekten: Zwischen Ernährungssicherheit und Ekel

Geröstete Heuschrecken als Snack, Knäckebrot mit Grillenmehl, Mehlwurmburger – diese Produkte kann man auf gourmetbugs.ch bequem nach Hause bestellen. Noch vor einigen Jahren wären diese Delikatessen nicht nur unüblich, sondern deren Verkauf gar verboten gewesen.
In Europa verknüpfen wir Insekten seit jeher mit verdorbenen Lebensmitteln und Krankheiten. Aber wie haben es diese neuartigen Lebensmittel auf unsere Teller geschafft?

Ein Politiker und Insektenpionier

In der Schweiz war es effektive Lobbyarbeit, die zum Erfolg führte. Die Geschichte begann 2008 mit einem Stand auf dem Paléo Festival: Der ehemalige Grünen-Politiker Jürgen Vogel bot in der Fritteuse gebratene Insekten an. Er wurde erst später darauf aufmerksam, dass der Verkauf illegal war und setzte sich für die Überarbeitung des Lebensmittelgesetztes ein. Im Mai 2017 war es dann soweit: Die drei ersten Insektenarten durften unter strengen Vorschriften in den Verkauf gebracht werden. Damit war die Schweiz dem Rest Europas voraus. Seit Beginn diesen Jahres sind Mehlwürmer, Heuschrecken und Grillen nun ebenfalls EU-weit als Lebensmittel zugelassen.

Ernährungssicherheit braucht neue Wege

Im Jahre 2030 werden gemäss FAO über 9 Milliarden Menschen ernährt werden müssen. Dazu kommen Milliarden von Tieren, die zur Produktion von Lebensmitteln, für Freizeitzwecke oder als Haustiere gehalten werden. Insekten enthalten viele essenzielle Aminosäuren und benötigen wenig Land und Wasser. Ebenfalls sind sie sehr effiziente Nahrungsverwerter: Im Durchschnitt können Insekten 2 kg Futter in 1 kg Insektenmasse umwandeln, wohingegen Rinder 8 kg Futter benötigen, um 1 kg Körpermasse zu produzieren.

Auch ihre CO2-Bilanz spricht für die kleinen Tierchen. Für die Produktion von 100 Gramm eines insektenbasierten Produkts fallen einem Bericht des Deutschen Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2019 zufolge 0,15 Kilogramm CO2-Äquivalente an. Das sind dreimal weniger als bei derselben Menge Geflügelfleisch und 20-mal weniger als bei Rindfleisch.


Zwischen Ekel und Innovation

Für die einen eine Mutprobe, für den anderen die Ernährung vorn Morgen: Die Nachfrage nach Insekten hierzulande war zu Beginn der Zulassung 2017 kaum zu decken. Die Medien priesen die Insekten als nachhaltige Alternative zu Fleisch und die Schweizer Unternehmen Entomos und Essento brachten die Insekten in vielerlei Formen auf den Markt. Für die Unerschrockenen unter uns werden Insekten «natur» als gefriergetrockneten Snack angeboten, für alle anderen sind sie zu Burgern und Chips verarbeitet wobei die Gewürze den Geschmack dominieren.

Allerdings sieht es nicht so aus, dass Insekten unsere Ernährungsgewohnheiten so bald umkrempeln werden. Die Nachfrage nach essbaren Insekten ist inzwischen stark zurückgegangen.
Nach der Zulassung von Insekten erreichte der Umsatz 2019 seinen Höhepunkt. Mit 420'000 Franken pro Jahr jedoch auf einem bescheidenen Niveau. 2020 brachen die Einnahmen dann um einen Drittel ein. Die Migros hat ihre unter der Marke «Mi-Bugs» verkauften essbaren Insekten 2021 aus dem Sortiment genommen. Viele dürften die Insektensnacks aus Neugierde probiert haben. Doch der Ekel vor Insekten führt nach wie vor zu einer ablehnenden Haltung.

Bei Coop hält man an Spezialitäten wie Mehlwurm-Burger und Proteinriegel aus Grillenpulver fest. Die Nachfrage nach Insektenprodukten laut Coop, stabil. Der Detailhändler hat sieben Erzeugnisse des Schweizer Herstellers Essento im Sortiment.

Essento-Geschäftsführer Christian Bärtsch sagte in einem Interview mit foodaktuell.ch: «Wir sind überzeugt, dass die positiven Aspekte, welche die Insekten mitbringen, für sich sprechen.»

(Text: Jade Ament, Biovision)

Vielen Dank für deinen Einkauf.
Dein Ergebnis wird berechnet.